Thermografiebefliegung

30. März 2021, 8:00 Uhr | Jessica Stütz

Mit dem »Masterplan 100 % Klimaschutz« hat sich die Stadt Münster Klimaschutzziele gesetzt: Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen um 95 Prozent und der Energieverbrauch um 70 Prozent reduziert werden. Dazu führte »Smart City Münster«, eine Stabsstelle im Dezernat für Planung, Bau und Wirtschaft, im Januar 2021 Thermografiebefliegungen durch. Wir haben uns mit Stefanie Heeke unterhalten, die bei »Smart City Münster« für die Kommunikation zuständig ist.

Stefanie Heeke ist in der Stabsstelle »Smart City Münster« für die Kommunikation zuständig

dachbaumagazin: Frau Heeke, was ist eine Thermografiebefliegung und welche Daten werden dabei gewonnen?

Stefanie Heeke: Bei der Thermografiebefliegung fliegt eine Propellermaschine in 500 bis 1000 m Höhe über dem Stadtgebiet und nimmt dabei mit einer Thermografiekamera Wärmebilder auf. Damit lassen sich Energielecks in der Dachlandschaft erkennen. Wir haben im Januar insgesamt drei Thermografiebefliegungen durchgeführt und dabei in zehn Flugstunden das gesamte bebaute Stadtgebiet mit einer Fläche von rund 180 km² abgedeckt. Eine Befliegung kann erst zwei Stunden nach Sonnenuntergang gestartet werden, damit die Dächer abgekühlt sind. Nur dann, und wenn die Lufttemperatur 5 °C oder weniger beträgt, erhält man geeignete Daten. Weitere wichtige Rahmenbedingungen sind eine geringe Luftfeuchtigkeit und ein wolkenloser Himmel.

Das Ziel ist, die Menschen für energetische Fragen zu sensibilisieren.

Was möchte die Stadt Münster mit diesen Daten erreichen?

Die Stadt möchte allen Eigentümern, deren Häuser auf den Wärmebildern eine schlechte Wärmedämmung im Dach vermuten lassen, eine Energieberatung vermitteln. Dabei sollen Sanierungsvorschläge erarbeitet und Fördermöglichkeiten aufgezeigt werden. Das Ziel ist, die Menschen für energetische Fragen zu sensibilisieren und ganzheitliche Sanierungen – im Idealfall in Kombination mit Gründächern und Solaranlagen – anzustoßen.

Wie kam es zu dieser Idee?

Münsters Stadtbaurat Robin Denstorff hat die Thermografiebefliegung erstmalig vor ein paar Jahren in Rheinbach initiiert und die Idee dann nach Münster mitgebracht. Weiterhin wurden auch in Osnabrück bereits 2015 Thermografiebefliegungen durchgeführt. Hier gab es vor dem Start unseres Projekts einen Erfahrungsaustausch.

Wie werden die gewonnenen Daten genutzt?

Die Wärmebildkamera hat bei der Befliegung die Temperatur der Dachoberflächen ermittelt. Im Anschluss an die Befliegung werden die Einzelbilder von der Firma, die auch die Befliegung durchgeführt hat, zu einem großen Wärmebild für das Stadtgebiet Münster zusammengesetzt, entzerrt und dann mit dem Liegenschaftskataster der Stadt verknüpft. Das Ergebnis ist ein Wärmebild für jedes Grundstück bzw. Gebäude – diese Daten werden voraussichtlich im Spätsommer vorliegen.

Wie wollen Sie dann auf die Bürger zugehen?

Alle Hauseigentümer werden demnächst von der Stadt einen Brief bekommen. Darin sind ein Informationsflyer sowie die Zugangsdaten für ein Webportal enthalten, mit denen sie auf das Bild ihres Hauses zugreifen können. Die Bilder sind den jeweiligen Eigentümern zugeordnet und können nur von diesen eingesehen werden. Der nächste Schritt ist eine Energieberatung, die von der Stadt Münster gemeinsam mit der Verbraucherzentrale angeboten wird. Der Energieberater soll bei einem Ortstermin bei der Interpretation der Bilder helfen und Sanierungsansätze sowie Fördermöglichkeiten aufzeigen.

Wie sieht es mit Datenschutz und Umweltschutz aus?

Die Auflösung beträgt lediglich 25 cm pro Pixel. Eine so grobe Rasterung lässt eine Identifizierung von Personen auf den Bildern nicht zu. Selbstverständlich haben wir auch das Thema Umweltschutz mitgedacht. Die Stadt Münster zahlt einen freiwilligen Klimaschutzbeitrag, der dazu verwendet wird, erneuerbare Energien in Entwicklungsländern auszubauen. Zudem spart ein energetisch komplett saniertes Gebäude nach einem Jahr bereits mehr CO2 ein, als durch die komplette Thermografiebefliegung des Stadtgebiets entstanden ist. Außerdem werden die Daten auch von den Stadtnetzen Münster genutzt, die anhand der Wärmebilder eine Leckkontrolle an ihrem kompletten Wärmenetz durchführen. Und weiterhin gibt es an der Universität Münster ein wissenschaftliches Projekt, das die Wärmedaten des Dortmund- Ems-Kanals nutzt. Somit wurden die bei der Befliegung entstandenen Wärmebilder gleich für mehrere Projekte genutzt. Münster will bis 2030 klimaneutral werden.

Welche weiteren Maßnahmen gibt es beziehungsweise sind geplant, um dieses Ziel zu erreichen?

Da gibt es viele Mosaiksteine, unter anderem die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude, neue Grün- und Wasserflächen sowie ein modernes Verkehrskonzept.

Frau Heeke, vielen Dank für das Gespräch.


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