Dirk Schuchardt ist 36 Jahre alt und hat 2022 von seinem Vater die Geschäftsführung des Dachdeckerbetriebs Schuchardt GmbH übernommen. Im Auftrag des Wohnungsbauunternehmens Nassauische Heimstätte hat er in Kelsterbach zwei Flachdächer mit gebrauchten Kunststoffbahnen abgedichtet (siehe Beitrag ab Seite 24). Wir haben mit ihm über diesen in Deutschland einzigartigen Auftrag gesprochen.

Dirk Schuchardt ist Bauingenieur und führt einen Dachdeckerbetrieb mit 20 Mitarbeitern
dachbau magazin: Herr Schuchardt, was haben Sie gedacht, als Sie mit der Idee konfrontiert wurden, eine 20 Jahre alte Kunststoffabdichtung aus zubauen und auf einem anderen Dach erneut zu verlegen?
Dirk Schuchardt: Ich war vor allem ziemlich neugierig und wollte sehen, ob diese Bahn sich nach 20 Jahren im Einsatz noch genau so gut verarbeiten lässt wie im Neuzustand. Unser Betrieb verlegt bei Flachdachabdichtungen ausschließlich Sarnafil-Bahnen von Sika und hatte das Dach in Frankfurt, wo die Bahn 20 Jahre lang ihren Dienst getan hat, damals auch ausgeführt. Im Ergebnis hatten die gebrauchten Flächenbahnen die gleiche Wertigkeit wie ein neues Produkt. Und da waren wir dann schon sehr erstaunt.
Die alten Bahnen haben die gleiche Wertigkeit wie ein neues Produkt.
Was haben Ihre Mitarbeiter denn zu diesem ungewöhnlichen Auftrag gesagt?
Denen ging es ähnlich wie mir: Sie waren schon überrascht, aber vor allem neugierig und dachten sich, dass das eine interessante Geschichte ist. Dazu kommt, das einige unserer Leute schon seit über 30 Jahren im Betrieb arbeiten und damals auch in Frankfurt bei der Erstverlegung der Bahn auf der Baustelle waren. Für die war das natürlich eine besonders spannende Aufgabe.
Wo lagen in der Praxis die Knackpunkte bei diesem Auftrag?
Das Flachdach in Frankfurt, wo wir die Bahn ausgebaut haben, hatte wegen Kaminen und Einzelanschlagpunkten für die Arbeitssicherheit sehr viele Durchdringungen. Die mussten wir allesamt rausschneiden und später bei der erneuten Verlegung mit einem materialidentischen Flicken wieder schließen. Das sieht zwar nicht so gut aus, ist aber technisch absolut gleichwertig wie eine Bahn aus einem Guss. Dennoch haben meine Mitarbeiter dafür natürlich schon recht viel Zeit gebraucht. Auch die Reinigung der Bahn nimmt eine gewisse Zeit in Anspruch: Ruß, Staub und Laub hatten in den zwei Jahrzehnten in der Metropole Frankfurt für eine ordentliche Schmutzschicht gesorgt, die wir auf den beiden neuen Dächern in Kelsterbach erst einmal entfernen mussten. Daraus habe ich gelernt: Beim nächsten Auftrag dieser Art werden wir die Bahn auf dem alten Dach schon einmal grob vorreinigen.
Apropos Reinigung: Wie haben Sie die Bahn in diesem Fall für den zweiten Einsatz vorbereitet?
Nach einer groben Reinigung der Fläche galt es vor allem, die Nahtbereiche mit einem speziell dafür vorgesehenen Reinigungs set von Sika sorgfältig zu säubern und so für die thermische Verschweißung optimal vorzubereiten. Das war allerdings nur eine minimal aufwendigere Arbeit als bei der Verlegung einer neuen SarnafilBahn, da der Hersteller auch hier die sorgfältige Nahtvorbereitung mit dem Reinigungsset verbindlich vorschreibt. So haben wir die alte Bahn zunächst mit Profilen mechanisch befestigt und dann mit dem Schweißautomaten thermisch verschweißt.
War dies der erste Auftrag, wo Sie gebrauchte Materialien verwendet haben?
Ja, die Dächer in Kelsterbach waren unsere Recycling-Premiere.
Wie schätzen Sie die Zukunftsperspektiven für so ein Bauteilrecycling auf dem Flachdach ein?
Gut! Wir haben jedenfalls schon zwei weitere Dächer in der Pipeline, wo ebenfalls gebrauchte Kunststoffbahnen verlegt werden sollen.
Herr Schuchardt, vielen Dank für das Gespräch.