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Christoph Schendel ist Dachdeckermeister, Chef eines Innungs­betriebs in vierter Generation und stellvertretender Landesinnungs­meister in Baden­Württemberg. Gemeinsam mit einem Studenten der Hochschule Karlsruhe hat er eine Monitoring­-Lösung für Flach­dächer entwickelt. Im Gespräch mit dem dachbaumagazin erklärt Christoph Schendel, wie seine Idee in der Praxis funktioniert.

Christoph Schendel

Dachdeckermeister Christoph Schendel führt in Ulm einen Innungsbetrieb mit 30 Mitarbeitern

dachbaumagazin: Herr Schendel, skizzieren Sie zum Einstieg bitte kurz, wie Ihre Monitoring-Lösung funktioniert.

Christoph Schendel: Der Feuchtigkeitsgehalt von Flachdächern ist in der Regel unbekannt und rückt erst bei einem Schaden in den Blickpunkt. Unsere Monitoring-Lösung kann auch nachträglich in jeden Warmdachaufbau eingebaut werden. Dafür muss lediglich mit einem Kernbohrer ein Loch bis zur Tragkonstruktion hergestellt werden. Darin wird dann die Sensoreinheit direkt auf der Dampfsperre eingebaut und in Kombination mit einem handelsüblichen Kaltdachlüfter wasserdicht an die Abdichtung angeschlossen.

Welche Daten erfasst der Sensor?

Unsere Sensoreinheit misst den Feuchtigkeitsgehalt im Dachschichtenpaket sowie die Innen- und die Außentemperatur. Aus diesen drei Parametern lassen sich Rückschlüsse ableiten, ob eine Auffeuchtung stattfindet oder – im Falle einer kontrollierten Rücktrocknung – ob das Flachdach austrocknet. Die Daten werden über eine SIM-Karte alle vier Stunden ins Internet gesendet und können dort über unser Webportal eingesehen werden. Auf diese Weise lassen sich Schäden frühzeitig erkennen, sodass nur 200 bis 300 m2 statt 10 000 m2 Dachfläche saniert werden müssen.

Wie sind Sie auf die Idee für die Sensorüberwachung gekommen?

Bei der Flachdachsanierung muss meist der gesamte Dachaufbau abgerissen und entsorgt werden, weil die Dämmung durchfeuchtet ist. Das ist in vielerlei Hinsicht ärgerlich: Für uns als Dachdecker ist der Abriss die unangenehmste Arbeit auf dem Flachdach, die ich gerade in Zeiten des Fachkräftemangels durch die Sensorüberwachung weitgehend überflüssig machen möchte. Weiterhin ist das Flachdach-Monitoring natürlich auch aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und der Nachhaltigkeit sinnvoll, da sowohl die Entsorgungskosten und die Kosten für den Neuaufbau als auch die Energie für die Produktion des neuen Materials eingespart werden. Das geht aber nur, wenn ich die Feuchtigkeit im Dachaufbau kenne und meinem Kunden im Schadensfall schnell eine punktuelle Sanierung der Abdichtung empfehlen kann.

Unser Sensor soll viele Abrissarbeiten auf Flachdächern überflüssig machen.

Für welche Flachdächer ist Ihr Monitoring-System geeignet?

Generell ist es für alle Flachdächer geeignet, aber für teure Dächer besonders sinnvoll. Unter teuren Dächern verstehe ich hier zum Beispiel Hochhäuser oder Gebäude in entlegenen Regionen, wo die Logistik für Abriss und Neuaufbau besonders viel Geld kostet.

Wie groß ist die Fläche, die sich mit einem Sensor überwachen lässt?

Für die Beantwortung dieser Frage führen wir individuelle Beratungen durch, aber als Faustformel gilt: Beim Industriedach reicht ein Sensor für 200 m2.

Wo kann man Ihre Monitoring- Lösung erwerben?

Weil wir diese gute Lösung nicht für uns behalten wollen und natürlich auch wegen der hohen Entwicklungskosten, habe ich Anfang 2021 mit meinem Partner, dem Wirtschaftsinformatik-Studenten Riccardo Baral, die Firma Smart Roof Solutions GmbH gegründet (www.smart-roof-solutions.de). Über diese Firma vertreiben wir die Sensorlösung an andere Dachdeckerbetriebe und stellen unseren Kunden auch das Webportal zur Einsicht der Sensordaten zur Verfügung. Dabei bieten wir den Kollegen auch eine Einweisung in die Interpretation der Sensordaten. Das ist wichtig, da die Temperaturschwankungen zwischen Sommer und Winter auch den Feuchtigkeitsmesswert beeinflussen.

Herr Schendel, vielen Dank für das Gespräch.

Unsere drei neuesten Interviews

  • Dirk Suchardt

    Dirk Schuchardt ist 36 Jahre alt und hat 2022 von seinem Vater die Geschäftsführung des Dachdeckerbetriebs Schuchardt GmbH übernommen. Im Auftrag des Wohnungsbauunternehmens Nassauische Heimstätte hat er in Kelsterbach zwei Flachdächer mit gebrauchten Kunststoffbahnen abgedichtet (siehe Beitrag ab Seite 24). Wir haben mit ihm über diesen in Deutschland einzigartigen Auftrag gesprochen.

  • Foto Stocksteifen und Träger

    Benjamin Stocksiefen hat vor zehn Jahren das Holzbau-Unternehmen seines Vaters übernommen. Das war ein anstrengender Prozess, der die Nerven aller strapazierte, doch dank eines Coachings letztlich erfolgreich endete. dachbaumagazin hat mit Benjamin Stocksiefen und mit dem Coach René Träder über die Fallstricke in einem solchen Transformationsprozess gesprochen.

  • Jana Siedle

    Dachdeckerin Jana Siedle aus Furtwangen hat sich beim Bundesentscheid 2022 im Praktischen Leistungswettbewerb gegen die anderen Landessieger durchgesetzt und ist nun deutsche Meisterin der Dachdecker. Als Siegerin in einem von Männern dominierten Beruf ist sie derzeit sehr gefragt. Zeit für die Fragen der Redaktion dachbau magazin hat sie sich trotzdem genommen.

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