Erst wenn man die Mittel und die Möglichkeit hat, das eigene Haus den persönlichen Wünschen entsprechend zu bauen, steht man vor der Herausforderung, festzustellen, was man eigentlich wirklich braucht. Einem Ehepaar aus Süddeutschland und seinem Architekten Michael Rebholz fiel diese schöne Aufgabe zu. Das über 2000 m2 große Grundstück, mit leichtem Gefälle und am Rande eines kleinen Ortes gelegen, bot viel Platz für die individuelle Entfaltung. Die stilistische Richtung war schnell klar: man wollte ein modernes, kubisches Haus errichten, dessen Gebäudehülle die Formensprache des Bauhauses erkennen lassen sollte. Außerdem stand schnell fest, dass der Ausblick auf die am Rande des Schwarzwaldes gelegene Umgebung fester Bestandteil des Entwurfskonzepts sein musste. Der Blick in die Natur sollte von fast jedem Platz sowie zu jeder Tages- und Jahreszeit möglich sein, oder wie die Bewohner es formulieren: „Wir haben das Haus praktisch um die Aussicht herumgebaut.“
Drinnen draußen sein
Die maximale visuelle Verbindung zwischen innen und außen war nur durch eine großflächige Verglasung herzustellen. Die im schweizerischen Langnau ansässige Firma Swissfineline erwies sich für diese Aufgabe als der richtige Partner, denn die Errichtung der zusammen rund 180 m2 großen Glasanlagen setzte einiges an Know-how und Erfahrung voraus. Die raumhohen Elemente mit Dreifachverglasung mussten bei einem maximalen Gewicht von 1,2 t nicht nur statisch berechnet und physisch beherrscht werden, sie sollten zudem beispielsweise im Erdgeschoss Öffnungsweiten von bis zu 10 m zulassen, und zwar möglichst ohne optische Beeinträchtigung, sicher und leise – weshalb der Hersteller ab einem Gewicht von 350 kg einen motorischen Antrieb empfiehlt. Zusätzlich galt es, die Dichtigkeit der Gebäudehülle zu wahren, den solaren Eintrag im Winter zu nutzen und im Sommer durch Verschattungselemente zu begrenzen. Mit dem Ergebnis sind alle Beteiligten sehr zufrieden und die Eigentümer genießen nun ganzjährig und sehr bewusst das Gefühl, drinnen draußen sein zu können.
- Um die Aussicht herumgebaut: Der Neubau wird gestalterisch von großen Glasflächen geprägt (Fotos: Alucobond/Swissfineline)
- Blick in die VHF: Die Dämmung und die Unterkonstruktion aus Aluminium sind montiert
- Danach folgte die Montage der Aluminiumverbundplatten, hier im Überkopfbereich
Das richtige Raumgefühl
Die Tragkonstruktion sollte im Inneren des Gebäudes erfahrbar sein. Aus diesem Grund wurden die Wände teilweise geschliffen oder gestrichen. Um ein „heimeliges“ Raumgefühl zu erzeugen, galt es an den richtigen Stellschrauben zu drehen: So wurden die Böden fugenlos aus einem braungründigen, gesprenkelten Gießasphalt hergestellt, der das einfallende Licht in einer warmen Farbe reflektiert. Ähnlich funktioniert die aus genuteten Paneelen bestehende Holzdecke, die sich aufgrund von Material und Struktur nicht nur optisch, sondern auch akustisch als hochwirksam erweist. Wärme strahlt auch die Einrichtung aus: Holztüren, ein großer Massivholztisch und rostbraune Polsterungen prägen den großen Wohn- und Essbereich.
Das Raumprogramm der Villa ist insbesondere durch zwei Aspekte gekennzeichnet: Individualität und Großzügigkeit. Hier wurde nicht gebaut, um zu repräsentieren, sondern um die eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu erfüllen. Im Obergeschoss finden sich ein Schlafbereich und Arbeitsräume, das Erdgeschoss beherbergt in aller Offenheit die Bereiche Wohnen, Essen und Kochen sowie eine kleine private Bibliothek mit Leseplatz. Im Untergeschoss befinden sich ein Fitnessraum, eine Gästewohnung und der Zugang zur großen Garage.
VHF auf Betonwänden
Konstruktiv besteht das Tragwerk des Hauses aus vorgefertigten Beton-Hohlwänden, die auf der Baustelle mit einer Armierung versehen und dann mit Ortbeton verfüllt wurden. Mit einem solchen Wandaufbau allein lassen sich die gewünschten Dämmwerte allerdings nicht ökonomisch erreichen. Deshalb entschieden sich die Planer für eine VHF (Vorgehängte Hinterlüftete Fassade) – eine Bauweise, die im privaten Einfamilienhausbau nicht allzu verbreitet ist, obwohl sie, wie man hier anschaulich sieht, durchaus sinnvoll sein kann. Das System hat den Vorteil, dass Tragwerk, Dämmung und Gebäudehülle unabhängig voneinander sind. Im Prinzip wird eine lineare Unterkonstruktion mit Haltern auf die Betonwand montiert. Der Aufbau der UK bestimmt die Dämmdicke, die somit frei wählbar ist. Schließlich wird eine Luftschicht als Hinterlüftung vorgesehen, um Feuchtigkeit oder Kondensat ablüften zu können, und das Ganze mit der Bekleidung abgeschlossen.
»Beton-Look« aus Aluminium
Bei diesem Bauvorhaben wurden von der Firma Holzbau Leopold aus Rottweil nahezu alle Fassadenflächen, die nicht aus der rahmenlosen Verglasung bestehen, mit Alucobond-Platten bekleidet, und zwar in der Oberfläche Vintage 874 Rough Concrete. Auf diese Weise konnte der „Beton-Look“ auch auf der Fassade realisiert werden, wenn auch in Form einer sehr leichten Aluminiumverbundplatte. Die schwäbischen Fassadenspezialisten arbeiten seit geraumer Zeit mit den dreischichtigen Verbundplatten und verfügen außerdem über leistungsfähige CNC-Maschinen, die nicht nur verschnittoptimierte Zuschnitte ermöglichen, sondern außerdem die für die präzise Kantung des Materials notwendigen V-Nut-Fräsungen äußerst genau und reproduzierbar ausführen.
Die Fassadenplatten lassen sich mithilfe dieser Technik zu Kassetten formen und nicht sichtbar in eine Unterkonstruktion einhängen oder, wie hier geschehen, zweidimensional verlegen, während sie in Form von Kantungen mit entsprechenden Eckelementen der Gebäudegeometrie folgen. Um die kraftschlüssige Verbindung der Unterkonstruktion mit der tragenden Wand herzustellen, wurden Edelstahl-Wandhalter verbaut. Diese haben einen Wärmebrückenschutz und können mit einem Bolzenschussgerät, das sich mit kunststoffummantelten Stahlnägeln laden lässt, gesetzt werden. Die Wandhalter tragen die Unterkonstruktion aus Aluminium, welche sich in drei Richtungen justieren lässt, was die Herstellung der Planebenheit auf der Baustelle erleichtert. Als Dämmmaterial kam die Mineralwolleplatte Isover Ultimate zum Einsatz, die einen Schmelzpunkt von über 1000 °C hat. Diese Qualität ist zwar für Einfamilienhäuser nicht vorgeschrieben, die Fassadenbauer setzten sie aber ein, weil das Material sich aufgrund seiner Druckfestigkeit besonders genau verarbeiten lässt, sehr dichte Stöße ermöglicht und so Wärmebrücken vermeiden hilft.